Erst der Anfang - 10 Jahre Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Ein Gastbeitrag zum Jubiläum der Magnus Hirschfeld Stiftung von Sabine Leutheusser Schnarrenberger und Dr. Jens Brandenburg.

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld feiert an diesem Freitag ihr 10-jähriges Jubiläum. Eine gute Gelegenheit, sie für ihre bisherige weitrechende Arbeit zu würdigen, aber auch den Blick nach vorne zu richten. Es hat lange gedauert, bis die Stiftung endlich gegründet wurde: Nachdem die damalige rot-grüne Bundesregierung an dem Versuch gescheitert war, beschloss Schwarz-Gelb auf Initiative der FDP am 27. Oktober 2011 die Gründung. Seitdem ist die Stiftung ihren Aufgaben der Bildungs- und Forschungsarbeit mit dem Ziel, der gesellschaftlichen Diskriminierung von LSBTI entgegen zu wirken, mehr als gerecht geworden. Die einstige Forschungslücke zur Geschichte sexueller und geschlechtlicher Vielfalt wurde durch zahlreiche Projekte gefüllt.

Bis dahin war beispielsweise das Schicksal der allein in der Bundesrepublik über 50.000 wegen Homosexualität verurteilten Männer kaum beleuchtet. Hierzu wurde unter anderem das "Archiv der anderen Erinnerungen" ins Leben gerufen, eine umfangreiche Sammlung von Zeitzeugeninterviews, die beeindruckend zeigen, dass das Unrecht des Paragraphen 175, der Homosexualität seit dem Kaiserreich bis teils 1994 unter Strafe stellte, nicht vergessen werden darf. Die Stiftung trug mit dieser Aufarbeitung wesentlich dazu bei, dass es im Jahr 2017 endlich zu einer Rehabilitierung der damals Verurteilten kam. Menschen, die wegen dieses Paragraphen kriminalisiert und damit entwürdigt wurden, erhielten damit eine Entschädigung, aber vor allem auch eine Entschuldigung, auf die sie lange warten mussten.

Auch beim Teilverbot der sogenannten Konversionstherapien war die Stiftung mit ihrer Expertise wegweisend für politische Entscheidungen. In der Debatte um das Verbot dieser Praktiken, die auf eine Umpolung von LSBTI zielte und diese damit für krank erklärte, stand die Stiftung im regen Austausch mit dem Gesundheitsministerium. Es war eine Schande, dass solche mittelalterlichen Pseudobehandlungen überhaupt jemals in einem deutschen Rechtsstaat erlaubt waren, nicht wenige Betroffene trieben solche angeblichen Behandlungen in den Suizid.

Die Bundestiftung Magnus Hirschfeld hat damit in der Vergangenheit deutlich gemacht, wie wichtig und richtig ihre Gründung war. Und wenn es sie heute nicht gäbe, so müsste man sie nach wie vor gründen: Wenn dieser Tage beispielsweise die UEFA nicht erkennen will, dass das Bekenntnis zu Akzeptanz von Vielfalt eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dann zeigt dies, wie viel Aufklärungsarbeit offensichtlich noch besteht. Die Stiftung organisiert bereits seit einiger Zeit unter anderem gemeinsam mit dem geouteten ehemaligen Nationalspieler Thomas Hitzlsberger das Projekt "Fußball für Vielfalt". In Kooperation mit Verbänden und Vereinen arbeitet die Stiftung daran, dass Outings kein Tabuthema im Fußball mehr sein dürfen.

Doch auch außerhalb dieses aktuellen Beispiels sind die Aufgaben noch groß: Gewalttaten gegen LSBTI nehmen zu. Fast wöchentlich gibt es Berichte über brutale Angriffe auf Menschen, die sich mit ihrer Identität in der Öffentlichkeit nicht verstecken wollen. Und erst im letzten Jahr gab es ein Attentat in Dresden, dessen homofeindliches Motiv allzu lange von den Behörden ausgeblendet wurden. Noch immer werden homo- und bisexuelle Männer unabhängig vom tatsächlichen sexuellen Risikoverhalten vom Blutspenden ausgeschlossen. Dass hier andere Maßstäbe angesetzt werden, zeigt, wie verbreitet Vorurteile entgegen der Wissenschaftsposition noch sind.

Auch in einem Land, das sich mit Regenbogenfahnen schmückt, bleibt für die Rechte von LSBTI viel zu tun. "Alle Menschen sind gleich und zugleich individuell verschieden." Im Jahre 1910 galt der Namensgeber der Stiftung Magnus Hirschfeld, ein jüdischer Sexualwissenschaftler und Mitbegründer einer der ersten Homosexuellenbewegungen in Deutschland, mit diesem Satz noch als Pionier. Auch wenn sich seitdem viel getan hat und gleichgeschlechtliche Paare endlich heiraten dürfen, braucht es noch mehr Aufklärung und Wissen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Und es braucht die engagierte Unterstützung der Zivilgesellschaft, damit Entwicklungen wie in Ungarn keine Chance haben. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld wird dabei auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Für die nächsten 10 Jahre wünschen wir ihr viel Erfolg und die notwendige Unterstützung von Politik und Öffentlichkeit.

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